mB: TSV Dachau – SG Schwabing/1880 14:22

Etwas geben.

Kürzlich hat der scheidende Intendant des Münchner Residenztheaters einen schönen Einblick in seine Erinnerungs- und Erfahrungswelt gegeben. Martin Kusej berichtete in der Süddeutschen Zeitung (vom 25.1.2019, S.2) von seiner Karriere als hochklassig spielender Handballer, die der des Theatermachers voranging. In dem Artikel „Leidenschaftlich spielen“ zeichnet er zahlreiche Verbindungslinien zwischen seinem früheren und jetzigen Leben, zwischen seinem Sportlerleben und seinem Theaterleben.
Kusej schwärmt von den sinnlichen Erfahrungen, die der Sport, aber auch das Theater bieten: „Wenn man bereit ist, die eigenen Grenzen zu überschreiten, schwimmt man zusammen mit seinem Kollektiv auf einer Welle aus Dopamin, Adrenalin, Endorphin und Serotonin“ (muss ich nochmal genau nachlesen, was das alles für Zeug ist…).
Ich weiß nicht genau, ob unsere B-Jugendlichen im Spiel gegen den TSV Dachau ihre eigenen Grenzen überschritten haben. Aber sie haben als Mannschaft ihre wahrscheinlich beste Saisonleistung gezeigt – mit ungewohnten Spielzügen, die eigentlich nur mit der Ausschüttung oben erwähnter Substanzen zu erklären ist.
Die erste Viertelstunde verlief ausgleichen, beide Mannschaften waren auf Augenhöhe, 6:6. Erste Auffälligkeit bei uns: das Anspiel an den Kreis wurde gesucht (und gefunden), der Gegner konnte sich meist nur mit Fouls wehren, was im Spielverlauf zu 6 (verwandelten) Siebenmetern führte. Dann die Wende: Die SG-ler setzten sich bis zur Pause mit vier Toren ab und kassierten bis zur Halbzeit nur noch einen Gegentreffer. Was Simon und Vincent in der defensiven Mitte wegräumten, war schon sehenswert, wahnsinnig unterstützt von allen Mitspielern, die defensiv fast am eigenen Limit spielten. Mit stoischer Ruhe und der nötigen Portion körperlicher Stärke nahm man den kämpferischen Dachauern Stück für Stück die Lust am Spiel.
Das Halbzeitergebnis wiederholte sich im zweiten Durchgang, 11:7 + 11:7 ist gleich ganz schön gut.
Neben der überzeugenden Abwehr (einschließlich Carlos im Tor) gab es weitere positive Momente, wobei vor allem das variablere Angriffsspiel überraschte: Nicht nur über Außen (insbesondere Basti) gelangen wichtige Tore, sondern gelegentlich wurde die seltene Spezies der Konterangriffe gesichtet, eingeleitet durch kluge Pässe zumeist von Jakob, der auch vorne im 1:1 aus der Mitte überzeugte. Plus Simon, der vorne Lücken fand (auch da, wo keine waren), neue Laufwege ausprobierte und sicher vom Punkt traf.
Einbezogen in die daraus resultierende Kollektivschwärmerei waren die mitgereisten Fans (dazu zählten auch ein paar Dagebliebene vom Spiel unserer C-Jugend kurz zuvor). Sanfte Tumulte auf der Tribüne (zwischen heimischen und nicht-heimischen „Ultras“) lenkten die Spieler unten auf der Platte ab… hatten aber glücklicherweise keinen entscheidenden Einfluss auf das sportliche Geschehen. Handball ist eine Gefühlssportart.
Martin Kusej ordnet das richtig ein: „Ich weiß, dass dieser enorme Einsatz und diese enorme Bereitschaft zu „geben“ sowohl im Theater als auch im Handball die Zuschauer faszinieren. Unser Spiel zieht sie in ihren Bann – und auch in diesem Hochemotionalen sehe ich einen starken Zusammenhang.“ Die Hoffnung hier wie im Leben ist, dass Leidenschaft keine (oder nur wenig) Leiden schafft.

 

Carlos (T), Basti (4), Sebi (1), Vincent, Gabriel (1), Jakob (3), Niklas, Lukas, Simon (12/6), Moritz

 

KEF